Ich habe von Anfang an gesagt, eine Corona App kommt mir nicht auf das Smartphone. Als Vollblut-Informatiker hat mich dann die Neugier aber doch gepackt und ich habe mir das ganze mal angeschaut.

Wie die Corona App funktioniert

Das Prinzip der App ist eigentlich relativ simpel. Das Betriebssystem generiert im Hintergrund zufällige Codes auf dem eigenen Smartphone und speichert diese lokal.

Sollte nun in der Nähe eine andere Person ebenfalls mit der Corona Warn App sein, tauschen diese beiden Geräte ihre Codes aus.

Bei einer Erkrankung bekommt der Patient dann vom Arzt einen 10-stelligen TAN. Wird dieser TAN in die App eingegeben, dann werden die eigenen Codes der letzten 14 Tage auf einen Server der Telekom in Deutschland geladen.

Die Corona Warn App gleicht nun die infizierten Codes vom Telekom Server mit den Codes der Begegnungen in den letzten 14 Tagen ab.

Sollte die App nun feststellen, dass diese in Kontakt mit einem infizierten Code war, dann zeigt diese eine Aufforderung zur Quarantäne an.

Das war alles! Und dabei bleibt man absolut anonym. Es werden keine Informationen über die eigene oder andere Personen und auch keine Standortdaten geteilt. Es werden ausschließlich Codes ausgetauscht.

Für alle die es noch etwas genauer wissen möchten, gibt es hier einen schönen Cartoon, der das Funktionsprinzip der Corona Warn App einfach erklärt:

https://github.com/DP-3T/documents/blob/master/public_engagement/cartoon/de/comic-de.pdf

Hier noch das offizielle Erklärvideo (1:50 min) der Bundesregierung:

Quelle: https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/corona-warn-app

Ein Meilenstein für Deutschland

Open Source Entwicklung

Die Corona Warn App wurde Open Source entwickelt und die Quellcodes können öffentlich auf Github eingesehen werden. Das schafft Vertrauen und ist genau der richtige Weg ein solches Projekt umzusetzen.

https://github.com/corona-warn-app

Datenschutz

Es wurde besonders viel Wert auf den Datenschutz gelegt und auch das fördert das Vertrauen enorm. Es werden keine persönlichen Daten des Smartphone Besitzers oder Standortdaten gespeichert und auch nicht in irgend einer Form freigegeben.

Jede Person, die sich auf einer Webseite anmeldet hat schon mehr Daten über sich preisgegeben, als die Corona Warn App je erhalten wird.

Daniel Kiesel

Man kann nur hoffen, dass die Digitalisierung der Behörden und alle weiteren IT-Projekte des Bundes ebenfalls Open Source und mit solch einem hohen Datenschutz Standard entwickelt werden. Vielleicht wird der Datenschutz ja tatsächlich das große IT-Thema für Deutschland.

Völlig übertriebene Kosten

Nachdem ich am Anfang der Woche auf Golem über die Kosten der Corona App gelesen hatte, konnte ich fast nicht glauben, dass die App über 20 Mio gekostet hat. Und das auch noch für eine App „die ja eh keiner haben will“. Inzwischen bin ich mir nicht mehr so sicher, ob ich damit vielleicht falsch lag.

WTF, 20 Mio für eine App, die keiner will :DUnd mal ehrlich, mit 0,5 Mio – 1 Mio wäre das auch umsetzbar gewesen. Waren das vielleicht verdeckte Staatshilfen für SAP und die Telekom?

Gepostet von Daniel Kiesel am Dienstag, 16. Juni 2020

Ich denke es gab vermutlich noch einige Aufgaben mehr zu tun, welche hier nicht aufgelistet sind. Falls jemandem noch mehr Punkte einfallen, dürfen diese gerne über die Kommentarfunktion ergänzt werden.

  • Apple und Google mussten ihre Betriebssystem Software erweitern, um die entsprechenden Bluetooth-Schnittstellen den App Entwicklern zur Verfügung zu stellen
  • Erstellung Erklärvideo
  • Implementierung der Informationswebseite
  • Entwicklung der App
  • Testen der App
  • Schreiben der rechtlichen Texte, Nutzungsbedingungen und Datenschutz
  • Entwicklung von APIs
  • Hosting Infrastruktur einrichten, betreiben und testen
  • Schreiben von Dokumentation
  • Telefon-Hotline einrichten & betreiben
  • Alles musste in einem kurzen Zeitraum geschehen!

Ich denke es gab sicherlich einiges zu tun und die 20 Mio sind auf den ersten Blick zwar viel Geld, aber man muss auch beachten, dass in relativ kurzer Zeit (unter 50 Tage) eine gelungene App entstanden ist. Das passiert in größeren IT-Projekten eher selten. Respekt.

Und dass es sich hierbei um ein IT Projekt der Bundesregierung (bzw. dem Robert Koch-Institut) handelt macht das natürlich schon sehr besonders, insbesondere wenn man auf andere Projekte wie z. B. den BER Flughafen oder den schleppenden Breitbandausbau schaut.

Außerdem finde ich es sehr lobenswert, dass Apple und Google im Zuge dessen zusammengearbeitet und für eine Geräteübergreifende Kompatibilität gesorgt haben.

Der Spiegel hat übrigens die Kosten für die App noch etwas genauer aufgeschlüsselt. Die eigentliche Entwicklung der App hat laut Spiegel 9,5 Mio netto gekostet.

https://www.spiegel.de/netzwelt/apps/corona-warn-app-wie-erklaeren-sich-die-gesamtkosten-von-68-millionen-euro-a-56b5abe1-e0a6-4b1c-9177-9066df3d9b14

Die IT in Deutschland geht voran

Durch die ganze Corona Krise hat sich gezeigt, dass Homeoffice funktioniert und die deutschen Digitalisierung können – wenn sie müssen. Die Art und Weise, wie die Corona Warn App umgesetzt wurde ist ein guter Anfang und ein positives Signal für Deutschland.

Es ist wichtig, dass wir diese Chance nutzen und sowohl der Bund, als auch große Investoren, massiv in die IT-Branche investieren, damit auch Deutschland einige „Global Player“, wie z. B. Apple, Google, Amazon, Facebook, Microsoft und co. hervorbringt. Denn aktuell haben wir aus Deutschland leider nur SAP.

Nachteile / Verbesserungsvorschläge

Kein einheitlicher europäischer Weg

Leider ist die App nur für Deutschland gebaut worden. Das ist Fluch und Segen zugleich, denn auf der einen Seite konnte genau deswegen der Datenschutz auf einem solch hohen Niveau gehalten werden und auf der anderen Seite erkennt die App leider keine anderen europäischen Corona Apps.

Hier würde ich mir wünschen, dass sich die deutsche App, insbesondere wegen des Datenschutzes, durchsetzt.

Einige Endgeräte werden nicht unterstützt

Auch bei den Smartphones gibt es noch einige kleine Probleme. Dadurch, dass Apple und Google die Bluetooth Schnittstellen erst vor kurzem freigegeben haben, ist diese Funktionalität bei iOS nur durch das aktuellste Betriebssystem (iOS 13.5) verfügbar und bei Android über die Play-Services.

Außerdem gibt es einige ältere Endgeräte, welche das aktuelle Betriebssystem nicht unterstützen oder die entsprechende Bluetooth Schnittstelle nicht haben.

Hier habe ich die günstigsten Geräte zusammengestellt, welche ich auf Amazon gefunden habe.

Als Amazon-Partner verdiene ich an qualifizierten Verkäufen. Du unterstützt dadurch meine Arbeit und es entstehen keine Mehrkosten für dich.

Andere Krankheiten erkennen

Ja, Corona ist gerade der Hype schlechthin und die App wurde jetzt genau für diesen Anwendungsfall entwickelt. Langfristig würde es allerdings Sinn machen, diese App für alle ansteckenden Krankheiten zu nutzen. Das wäre sicherlich über eine zusätzliche Krankheitsinfo relativ einfach und Datenschutzrechtlich unbedenklich machbar.

Da die App auch noch weiterentwickelt werden soll, gehe ich davon aus, dass diese Funktionalität auch noch nachkommen wird.

Fazit

Ich werde die Corona Warn App vorerst auf meinem iPhone belassen, denn ich möchte die datenschutzkonforme Umsetzung und Open Source Entwicklung der App würdigen. Das schafft Vertrauen und ist meiner Meinung nach der einzig richtige Weg. Sollte es zu einem Vertrauensbruch kommen, dann ist die App allerdings schneller entfernt, als sie installiert war.

Ich würde mir sehr wünschen, dass der Bund nun genau so schnell und gut, die Behördengänge digitalisiert.

Vorheriger ArtikelNächster Artikel
Daniel Kiesel ist ein freier Softwareentwickler aus der Region Karlsruhe und unterstützt Unternehmen und deren Teams bei der Entwicklung von Softwareprodukten.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert